Walter Oscar Grob

Malen in kosmischer Strahlung

Walter Oscar Grob: Signet 'Freie Kunstschule Zürich (FKZ)'
Walter Oscar Grob: Foto von ca. 1957
Walter Oscar Grob: Buchcover 'Farbenlehre für Malende - mit Farbenkurs'
Farbenlehre für Malende - mit Farbenkurs

Die Farben auf einer neuen Grundlage für die Praxis erforscht

Verfasser

Walter Oscar Grob

Erscheinungsjahr

1971

Anzahl Seiten

170

Preis

CHF 72

Status

verfügbar

bestellbar bei

Verein Walter Oscar Grob

E I N F Ü H R U N G   (Walter Oscar Grob, 1971)

Die Farben sind eine so lebendig reiche Welt, dass sie fast jedermann zu fesseln vermögen. Glaubt jemand aber, einfach in einen Farbkasten greifen zu müssen, um ein farbenprächtiges Bild zu malen, wird er bald merken, sofern er ein empfindsamer Mensch ist, dass sich die Farben in ganz eigener Art verhalten, - sehr oft nicht so, wie der Malende möchte. Versucht er dann, sich in Kursen oder Lehrbüchern zu unterrichten, wird er bald entdecken, dass er zwar viele theoretische Erkenntnisse vermittelt bekommt, doch gerade das für die Praxis Wichtige oft kaum erfährt.

So jedenfalls erging es mir. Daraufhin begann ich, selbst unzählige Versuche auszuführen, und nach langem Suchen gelang es mir Schritt um Schritt, jeweils wieder etwas Entscheidendes zu finden. Erst waren es die Mischgesetze, wie sie der Malende braucht, damit er auf klarer Grundlage exakte Farbnuaneen mischen kann. Später suchte ich nach einer brauchbaren Harmonielehre und stellte nach langem einen komplizierten, dreirangigen Farbkreis her, in welchem ich die Farben in der Verteilung des Goldenen Schnittes zur Harmonie zwang. Bald spürte ich aber, dass diese Lösung zu sehr an den Haaren herbeigezogen ist, als dass sie befriedigen könnte. Auf einen Rat des Kunsthistorikers Prof. Karl Scheffler suchte ich dann nach dem Einsatz der Farben im Kunstwerk und fand die "Uebersicht über das Sehen und Malen", die für meine Kunstuntersuchungen und den gesamten bildnerischen Unterricht grundlegend geworden ist. Auch dieses Buch ist darauf aufgebaut, wie schon ein Blick ins Inhaltsverzeichnis zeigt.

Später gelang es mir, die Simultankontraste geordnet zu durchschauen, so dass ich eine Tabelle und eine einfache, brauchbare Formulierung ihrer Gesetze ausarbeiten konnte und ihre Bezeichnung in "Simultanverschiebung" korrigierte. Ferner suchte ich in mehreren Anläufen erneut weiter nach der Farbenharmonie, bis sich mir langsam durch Herausarbeiten einzelner Farbempfindungs-Eigenschaften ein völlig neuer Weg zeigte, nun auf rein psychologischer Grundlage. Diese Erkenntnis der allgemeinen Harmonieprinzipien ermöglicht eine Theorie der Farbenharmonie, die für den Gebrauch äusserste Beweglichkeit in der Wahl mit feinster Präzision in der Ausführung vereinigt. Exakte Ordnungen mit zahlenmässigem Aufbau wurden in dieser Farbenlehre nur in der Physik miteinbezogen, weil nach meiner Beobachtung kein ausgebautes System existiert, das für die Mischgesetze der Malfarben und keines, das für die Farbenharmonie speziell aufgebaut und in der Praxis verwendbar ist. So wird hier auch die DIN-Farbenordnung nicht verwendet, weil darin weder die Mischgesetze noch die Harmonielehre durchgehend voll einbezogen sind. Dem Malenden nützen Umrechnungsaufgaben wenig; vielmehr muss er das Gesetzmässige erfassen, was mit der vorliegenden Ordnung besonders nachdem Ausführen der Aufgaben des Farbenkurses ohne weiteres möglich ist. Diese Farbenlehre ist für die Praxis geschaffen. Trotzdem kann auch der Wissenschaftler Nützliches finden, z. B. den mathematisch festgehaltenen Unterschied zwischen den Ordnungen der Malfarben und der Physik (S. 154).

Seit zwanzig Jahren erteile ich an der "Freien Kunstschule Zürich" Farbenkurse, und es gelang mir, Theorie und Praxis in immer grössere Uebereinstimmung zu bringen. Die vielen Farbenlehren anderer Autoren begann ich in der Mehrzahl erst nachträglich zu konsultieren, in der Hoffnung, das selbst Gefundene noch zu verbessern und zu ergänzen, was besonders auf den Gebieten der Physik und Physiologie der Fall war. Prof. Dr. Ernst Rüst (früher: Photograph. Institut der ETH, Zürich) und Prof. Dr. M. Minkowsky (früher: Universität und Kantonsspital Zürich) haben mir dabei wertvolle Orientierung gegeben. Ihnen beiden, wie allen, die mir in den vielen Jahren geholfen haben, bin ich sehr dankbar. Auch meiner lieben Frau danke ich für ihre Mitarbeit herzlich.

Mit diesem Buch hoffe ich allen, die mit Farbe praktisch arbeiten, eine Grundlage zu geben, insbesondere den Kunstmalern und allen, die als Hobby gründlicher in die Malerei eindringen möchten, doch auch den Flach- und Dekorationsmalern, Grafikern, Zeichenlehrern, Dessinateuren, Modezeichnern, Innenarchitekten, Architekten, Gartengestaltern, Dekorateuren, Farbfotografen, Bühnenbildnern und allen andern, die mit Farben malen oder sonst gestalten. Die ersten vier Kapitel dienen auch den Farbmischern, Färbern und Farbdruckern.

Der Schaffende soll sich nach Durcharbeitung des Buches rasch und möglichst automatisch in dem vieldimensionalen Wesen der Farbe zurechtfinden. Es ist deshalb notwendig, dass er nicht nur den Text liest, sondern den Farbenkurs im Anhang von Anfang an Schritt um Schritt selbst ausführt. So erreicht er eine Beherrschung über die Farbe, die ihm erst volle Freiheit in der Gestaltung ermöglicht.