Walter Oscar Grob

Malen in kosmischer Strahlung

Walter Oscar Grob: Signet 'Freie Kunstschule Zürich (FKZ)'
Walter Oscar Grob: Foto von ca. 1957

Der Maler

Für Walter Oscar Grob war nur der erste Pinselstrich «gratis». Jeder weitere musste sich in den Dienst des ganzen Bildes stellen und nicht nur bloss Rücksicht auf das bereits Gemalte nehmen, sondern es auch noch steigern!

«Das Bild kann konstruiert sein und dann eine Summe von Teilen darstellen. Es kann aber auch künstlerisch gestaltet werden, eine Komplexheit ausdrücken und wie ein Organismus leben», meinte er. Diese grundlegende Anforderung an das Bild (eigentlich an jedes Bild!) hatte der junge Künstler in der Malschule seines Lehrers Ernst Wehrli kennengelernt. Von Wehrli stammt auch die Begeisterung für den Kulturphilosophen Rudolf Maria Holzapfel (1874-1930) und dessen Arbeit für ein neues, ganzheitliches Weltbild. Diese Einflüsse waren für die künstlerische Entwicklung von Walter Oscar Grob wegweisend.

Bei Ernst Wehrli begann Walter Oscar Grob mit «Assoziationen» zu arbeiten. In seinem frühen Werk waren dies etwa Bäume, in denen ein menschliches Gesicht zu sehen war oder ein Gesicht, das auch eine Blume sein konnte. Zunächst oft plump und offensichtlich, wurden die Assoziationen im späteren Werk immer zarter und versteckter. Der Künstler benutzte sie als Stilmittel, um seine eigenen gedanklichen Verknüpfungen sichtbar zu machen oder auch bloss um daran zu erinnern, dass nichts nur so ist, wie es auf den ersten Blick scheint. Die Tuschezeichnung eines Palmenwäldchens etwa konnte nun -auch auf den zweiten Blick- frei von Assoziationen sein und doch, aus dem Augenwinkel betrachtet, blickt einem das bärtige Gesicht eines alten Tessiners entgegen, eine Heuschrecke krabbelt übers Bild, ein Igel sträubt seine Stacheln und ein Mann mit Zeichenblock steht da. Schaut man wieder direkt aufs Bild, sind sie verschwunden.

Im Gegensatz zu Wehrlis grosser Porträtkunst legte Walter Grob keinen besonderen Wert auf die Realitätstreue seiner Gesichter. Oft sind es eher Symbolbilder als 1:1-Abbildungen echter Menschen. Nicht dass Walter Grob nicht gekonnt hätte, aber offensichtlich war er mehr am kosmischen grossen Ganzen interessiert als an der Detailtreue.

 

Von 1946 bis 1949 studierte Walter Oscar Grob an einer privaten Malschule in Paris. Hier entdeckte und entwickelte er die Zeitperspektive, eine Methode, den Lauf der Zeit ins Bild zu integrieren und ihm so eine ganz neue, zusätzliche Dimension zu verleihen. (s.a. Kästchen)

In seiner Anfangszeit analysierte Walter Grob oft Meisterwerke, um - Bildelement um Bildelement - das Wesentliche zu erfassen. Später half ihm dieser Erfahrungsschatz, sicher und ohne Nachzudenken zu malen.

Die nächsten Jahre widmete sich Walter Oscar Grob vor allem dem Einsatz von Farben. Er begann mit den Mischgesetzen, suchte dann über einen theoretischen Ansatz nach einer brauchbaren Farben-Harmonielehre, um dann durchs Studium der Farben in bestehenden Kunstwerken den Durchbruch auf psychologischer (anstatt physikalischer) Grundlage zu schaffen. Seine Erkenntnisse hielt er im Buch Farbenlehre für Malende fest. Die jahrelange intensive Beschäftigung mit den Farben machte Walter Grob zum Meister auf diesem Gebiet. Die Farben seiner Gemälde sind traumwandlerisch sicher gesetzt, ob blass oder intensiv, ob regelkonform oder regelwidrig verwendet. Es heisst ja, dass nur wer die Regeln kennt, diese brechen darf. Walter Grob kannte die Regeln.

In seinen letzten Jahren beschäftigte sich der Künstler vermehrt mit den Leerräumen im Bild. Da war nicht einfach nur beziehungsloses «Nichts», sondern Zwischenräume waren Flächen, die ebenso berücksichtigt werden wollten wie die bewusst gestalteten Teile des Bildes.

Jedes Jahr freute er sich, im Juli und August an einen interessanten Ort zu reisen und fernab des Alltags konzentriert sechs oder sieben grossformatige Bilder samt zahlreicher Vorstudien zu malen.

Walter Grob konnte mühelos sein Denken ausschalten und sich meditierend in den fürs Malen geeigneten Seelenzustand versetzen. Er fühlte sich dann mit dem Weltall verbunden und malte in dessen kosmischer Strahlung. Er war überzeugt, dass in besonders guten Momenten eine höhere Kraft die Führung übernahm, so dass er später wie aus einem Traum aufwachte und selbst über das Ergebnis staunte: «Habe ICH das gemalt!? NEIN!» Dann malte Walter Oscar Grob einen sechszackigen Stern an den unteren Bildrand, als kosmisches Gütesiegel sozusagen!

ZÜRCHER ERNSTHAFTIGKEIT STATT BOHÈME

In der Cüpli-Szene war Walter Grob nie anzutreffen, da bevorzugte er die disziplinierte Arbeit im Atelier. Seine (Schul-)Ferien verbrachte er malend, vorzugsweise in den geliebten Bergen. Eine Auswahl seiner Werke finden Sie hier:

GALERIE Walter Oscar Grob: Tuschebild aus Serie 'Kinderzirkus'

ALUMINIUM STATT LEINWAND

Malen für die Ewigkeit (1): Walter Grob nutzte schon früh Aluminiumplatten als Malgrund, da sie stabiler und langlebiger waren als Holzrahmen und Leinwand. Die Absicht dahinter: seine Bilder sollten auch nach Jahrhunderten gut aussehen!

BIENENWACHS STATT ÖL

Malen für die Ewigkeit (2): Der Künstler beobachtete, dass die von den alten Ägyptern verwendeten Bienenwachsfarben auch nach 2500 Jahren immer noch frisch wirkten, nicht wie Ölfarben, die nach relativ kurzer Zeit ranzig und brüchig werden und bräunlich ausbleichen. In Diebolds Wachsfarben fand er einen idealen Ersatz.

«ZEITPERSPEKTIVE» STATT MOMENTAUFNAHME

Walter Oscar Grob integrierte als Erster konsequent die Zeit ins Bild, indem er ein- und dieselbe Grundfläche nacheinander mit bis zu vier «separaten» Bildern bemalte. Dadurch brachte er eine neue Dimension in die bisher als statisch (Stichwort «Stillleben») behandelte Bildfläche. So wurde es möglich, Abläufe zu malen, beispielsweise das Wachsen, Erblühen und Verwelken einer Blume oder die Entwicklungsstufen einer zwischenmenschlichen Beziehung oder auch nur der Wechsel der Empfindungen während eines intensiven Tages. Ein frühes Beispiel war das Werk «Aufstieg auf einen hohen Berg», dessen «Zeitperspektive» der Künstler hier gleich selbst beschreibt:  ZEITPERSPEKTIVE
Ein jüngeres Beispiel ist die Kreuzigung Christi, s. «Galerie» oben.